Page 16 - Gemeindebrief – Dezember 2020 / Januar 2021
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 Jesaja 9,2
Das Volk, das im
Finstern wandelt ...
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht (Jesaja 9, 2)
Wenn Sie schon mal an Heiligabend im Got- tesdienst oder in der Christmette waren, kennen Sie diese Worte. Sie stammen vom Propheten Jesaja und gehören in den christ- lichen Kirchen zur alttestamentlichen Lesung am Heiligen Abend.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Natürlich kenne ich diese Worte. Sie sind mir vertraut. Aber obwohl sie mir vertraut sind, waren sie mir in den allermeisten Weihnachts- gottesdiensten, in denen ich sie gehört habe, fremd. Ein Volk, das im Finstern wandelt... das klang für mich immer sehr fern und abstrakt.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
In den (glücklicherweise wenigen) Jahren, in denen es mir in der Weihnachtszeit nicht so gut ging einmal war kurz vorher mein Opa ge- storben, einmal hatten wir zuhause heftigen Streit, und in einem Jahr war ich selber länge- re Zeit gesundheitlich außer Gefecht – also in DIESEN Jahren konnte ich mir schon eher vor- stellen, was es heißt, im Finstern zu wandeln, umgeben von Trauer und dunklen Gedanken. Aber gleich ein ganzes Volk?
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Was ist das für ein Volk, von dem Jesaja da spricht? Sind sie alle untereinander zerstritten? Sind sie alle schwer krank? Offenbar schaut es ziemlich düster für sie aus. So düster, dass sie die Hoffnung schon fast aufgegeben haben.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Und mitten in dieser Dunkelheit scheint ein helles Licht auf. Ein Hoffnungsschimmer. Groß, hell. Und umso besser erkennbar, je dunkler es ist.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
So dunkel wie dieses Jahr war die Adventszeit schon lange nicht mehr. Kein Weihnachtsfeier- marathon in Firmen und Vereinen. Keine fröh- lichen Shoppingtouren in hell erleuchteten Einkaufszentren. Kein Christkindlesmarkt, kei- ne Glühweinstände, kein Budenzauber. Und auch kein einziges Weihnachtskonzert. Statt dessen: Zeit. Stille. Einsamkeit.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
Ich wünsche uns allen, dass wir das Licht der Weihnacht heuer schon von weitem erkennen können, aus dem Dunkel und der Unsicher- heit heraus. Dass wir das Licht der Weihnacht sehen und als Licht der Hoffnung begreifen. Dass wir die Weihnachtsbotschaft in unser Le- ben lassen und dadurch das Dunkel ein wenig heller wird. Im Advent, an Weihnachten und über Weihnachten hinaus.
Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht.
AMEN.
Prädikantin Ina Führlein















































































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