Ich habe ein kleines Sonnenblumenkorn in meinem Fensterrahmen gefunden. Als ich neulich das Fenster in meinem Arbeitszimmer öffnete, um frische Frühlingsluft hereinzulassen, fiel mir dieses kleine Samenkorn ins Auge. “Nanu”, dachte ich, “wo kommst du denn her?” Ich konnte mich nicht erinnern, dass ich in letzter Zeit Sonnenblumenkörner in die Nähe dieses Fensters gebracht hatte. Wie also kam dieses kleine Korn in meinen Fensterrahmen? “Du hast Ameisen”, würde der Pessimist sagen, “Ein Schatz!” der Optimist, und “Besser das Korn in der Hand als den Korn auf dem Dach” der Kabarettist – oder so ähnlich.
Ich sehe das Sonnenblumenkorn an und denke an Jesu Gleichnis vom Senfkorn: Jesus vergleicht darin Gottes Reich mit einem winzigen Samenkorn, das wächst und wächst und schließlich zu einem riesigen Baum wird. So ist auch Gottes Reich im Werden und wächst an vielen Stellen unbemerkt bis es überall erblüht.
“Das klappt doch nie” würde der Pessimist sagen, “Morgen ist es da!” der Optimist und der Realist: “Klar, es wird Rückschläge geben. Gottes Reich wird an einigen Stellen durch Alltagssorgen vertrocknen oder von Rücksichtslosigkeiten abgemäht werden, doch es wächst unaufhaltsam.” Darauf will ich hoffen – und mein Gottes-Reich-Senfkorn hegen und pflegen, gießen und düngen und mir andere Senfkorn-Gärtner suchen.
Pfarrerin Stefanie Probst-Wechlser
Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand:
der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf
und träuft, wenn heim wir gehen, Wuchs und Gedeihen drauf