Andreas Grell, Pfarrer, Foto Amthor

Auf ein Wort: Ein etwas anderes Weihnachtslied

Erstellt von GMB/tur |

Gedanken von Pfarrer Andreas Grell zum Geheimnis von Weihnachten

Weihnachten ist das Fest der Lieder. Zu keiner anderen Zeit im Jahr wird so viel gesungen und musiziert. In diesem Jahr geht uns vielleicht so manches Lied besonders zu Herzen. Wir stehen am Ende eines schwierigen Jahres und Weihnachten geprägt von Krisen – Corona, Krieg, Inflation und Energiesparen. Advent und Weihnachten werden sich dadurch anders anfühlen. Weniger Lichter, kleinere Geschenke, kältere Stuben. Da können gerade die Weihnachtsklänge zum Trost und Herzenswärmer werden.

Ein Lied kam mir ganz besonders in den Sinn. Es wird Sie überraschen, weil es alles andere als ein typisches Weihnachtslied ist. Leonhard Cohen, der kanadische Dichter und Songwriter hat es vor vielen Jahren geschrieben. Es heißt „Anthem“ – zu deutsch: „Hymne“. Vor allem der ungewöhnliche Refrain macht es für mich zu einem besonderen Weihnachtslied. Auf Englisch lautet er: „There is a crack in everything, that’s how the light gets in“ – und auf deutsch: „Alles hat irgendwo einen Riss, aber genau das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt.“

Wir leben in einer zerrissenen Welt und die Risse sind in den vergangenen Monaten tiefer geworden – sie gehen durch Länder und Völker, durch Religionen und Gemeinschaften, durch Familien und Freundschaften. Unsere Sehnsucht nach einem Hoffnungsschimmer ist groß. „Alles hat irgendwo einen Riss, aber genau das ist der Spalt, durch den das Licht einfällt.“ Besser kann man die Weihnachtsbotschaft nicht auf den Punkt bringen: In unsere zerrissene Welt, in unser verletzliches Leben kommt das Licht. Durch die Geburt von Jesus Christus leuchtet eine andere Wirklichkeit über unserer Welt auf. Der Stern, der über Bethlehem steht, leuchtet auch in unsere Risse. Da, wo wir Gott unsere Risse klagen, leuchtet etwas vom weihnachtlichen Licht hinein. Dies kann uns helfen, uns nicht von den Herausforderungen unserer Zeit zerreißen oder von der Finsternis erdrücken zu lassen, sondern bewusst das Licht des Heils und der Heilung in unser Herz hineinzulassen.

Das Geheimnis von Weihnachten ist „der Spalt, durch den das Licht einfällt.“ Wo wir uns nach diesem Licht Gottes ausstrecken, wird die Welt ein bisschen heller.

Ihr stellv. Dekan Andreas Grell

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